Noch ein PISA-Schock. OECD-Studie sieht Grenzen digitaler Bildung
„Auf den ersten Blick ist es eine Breitseite gegen die Fürsprecher und Vorreiter einer der größten Veränderungen, denen die schulische Bildung in den vergangenen Jahrzehnten unterworfen ist: nämlich der Digitalisierung des Unterrichts. Es ist ein Dämpfer für Bildungsforscher und -politiker, die deren eilige Beförderung anmahnen, und eine Schlappe für eine Industrie, die sich mit milliardenschweren Investitionen auf einen noch milliardenschwereren Zukunftsmarkt vorbereitet. Abgefeuert wurde sie aus einer Richtung, die es seit Ende 2001 immer wieder schafft, zumindest den hiesigen Bildungsbetrieb in Unruhe zu versetzen: Damals hatte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit der Veröffentlichung der Daten des internationalen Schulleistungsvergleichs Pisa für einen regelrechten Schock gesorgt. Die Erhebung wird seitdem im Abstand von drei Jahren wiederholt.“
Sie zeigt genau das, worauf ich seit Jahren WERT lege. Eine schwarze Tafel gegen eine grüne oder weißt auszutauschen macht keinen besseren Unterricht. So ist es auch mit Tablets, PCS und Laptops. Wenn der Unterricht sich nicht verändert, wenn die Einstellung der PädagogInnen sich nicht ändert, wenn der Fächerkanon weiterhin den 50-Minuten-Takt pflegt, wenn die Themen und Interessen der SchülerInnen nicht beachtet werden, …
Hattie hat in seiner Studie klar zum Ausdruck gebracht, dass die Person – der Pädagoge/ die Pädagogin – der Schlüssel zum Erfolg ist. Schule und Lernen ist Beziehungsarbeit, da kann ein Device unterstützen, aber kein Wunder wirken.
TIPP: Derzeit gibt eine tolle Serie in Ö1 – die ideale Schule, aber mit ECHTEN Beispielen. So würde die OECD-Studie zu anderen Ergebnissen führen.
Ich nehme weiterhin meine Verantwortung ernst, die digitale Bildung zu fördern, denn das Schlimmste was wir machen können ist, die SchülerInnen damit ALLEINE zu lassen. Die Eltern sind dazu überfordert.
Zum Artikel der FAZ
Fridtjof Küchemann, Link: Noch ein PISA-Schock
Jetzt hat die OECD die Daten aus dem Jahr 2012 unter der Frage ausgewertet, in welchem Zusammenhang der Wissensstand fünfzehn Jahre alter Schüler mit dem Gebrauch von Informationstechnologie im Unterricht steht. Die Ergebnisse sind ernüchternd. „Wo Computer in Klassenzimmern genutzt werden, sind ihre Auswirkungen auf die Leistung von Schülern bestenfalls gemischt“, stellt der OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher fest. Zwar können Schüler, die in der Schule Computer maßvoll nutzen, bessere Lernergebnisse vorweisen als solche, die sie kaum einsetzen. Schüler allerdings, bei denen Computer sehr häufig im Unterricht zum Einsatz kommen, schneiden deutlich schlechter ab. Selbst Länder, die bereits viel in den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie im Unterricht investiert haben, weisen keinen merklichen Leistungsvorsprung in den Bereichen Lesen, Mathematik oder Naturwissenschaften aus. Umgekehrt helfen Grundlagen in den klassischen Disziplinen Lesen und Mathematik den Schülern besser, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden, als teure High-Tech-Ausstattungen und -Angebote. Die bei der Pisa-Studie erhobenen Kompetenzen wachsen durch den Einsatz von Bildungstechnologie nur, wenn dadurch die Zeit zunimmt, die sich die Schüler mit dem Stoff und seiner Einübung beschäftigen.
Dass die schulische Wirklichkeit auffällig hinter den Versprechen der Technologie zurückliege, wie der Bildungsforscher Schleicher im Vorwort des zweihundert Seiten starken Berichts anmerkt, kann allerdings nicht überraschen. Bildungspolitische Neuerungen brauchen ihre Zeit, und wer die Turbulenzen kennt, die der Wechsel auf den Gymnasien von neun zu acht Jahrgängen bis zum Abitur (und wieder zurück) für Lehrer, Schüler und deren Familien bedeutet hat, muss das nicht grundsätzlich für einen Fluch halten. Selbst wenn die Ausstattung der Schulen den unkomplizierten Einsatz digitaler Technik ermöglicht, müssen sich die Lehrer mit den didaktischen Neuerungen erst vertraut machen, mit Geräten und Programmen. Das erfordert Geduld auf der einen und Bereitschaft auf der anderen Seite. Aber es heißt noch lange nicht, dass Lehrer von gestern die Schüler von heute unzureichend auf die Welt von morgen vorbereiteten: Die Studie zeigt, dass selbst Lehrkräfte ihre Schüler für das Leben in einer zunehmend digitalisierten Welt fitmachen, die auf bewährte Weise bewährte Kompetenzen unterrichten.
Zu den Vorteilen digitaler Bildung an Schulen zählt die Studie den spielerischen Zugang zu Wissen, die personalisierte Ausbildung und das kooperative Lernen. Die größte Bedeutung komme dabei Unterrichtsformen zu, die den Schüler nicht darauf beschränken, passiv Wissen aufzunehmen, sondern ihn in eigener Recherche und Präsentation, in Lerngruppen und Projekten, im direkten Austausch mit Lehrern und Mitschülern lernen ließen. Sie böten die Möglichkeit, Lerninhalte und -tempo auf die Stärken der einzelnen Schüler abzustimmen.
Die Studie sieht einen Zusammenhang zwischen Elternhaus und verantwortungsvollem Umgang mit den elektronischen Medien: Schüler aus bessergestellten Schichten nutzen das Internet mehr zur Informationsbeschaffung als sozial benachteiligte Jugendliche. Denen dienen Computer häufiger, um Videos zu schauen, online zu spielen oder zu chatten. Wer mehr als sechs Stunden täglich online ist, stellt die Studie fest, neigt eher zu emotionaler Unausgeglichenheit und zu Verhaltensauffälligkeiten in der Schule. Die Medien-Diät zu Hause stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit den schulischen Leistungen. Schulen müssten ihren Beitrag zur Erziehung der Jugendlichen zu kritischen Konsumenten der digitalen Angebote leisten.
Das Resümee der Forscher ist so nüchtern wie ermutigend: Selbst die stärkste Technik könne schwachen Unterricht nicht ersetzen, folgern die Verfasser der Studie in ihrer Zusammenfassung. Aber Technik tauge doch dafür, guten Unterricht noch zu stärken. Und das ist auch nicht gerade wenig.“
Link: Sozial Schwache nutzen Computer eher zum Spielen